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Leipziger Kardiologe warnt: Bluthochdruck ist ein leiser Killer
 
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LVZ-Interview
Leipziger Kardiologe warnt: Bluthochdruck ist ein leiser Killer

Leipzig. Noch bis Ende des Monats laufen die Herzwochen der Deutschen Herzstiftung. Im Mittelpunkt steht in diesem Jahr das Thema "Bluthochdruck". Professor Holger Thiele, Direktor der Uniklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig, erklärt im Interview, worauf man achten muss und wieso die Volkskrankheit auch als "Silent Killer" bezeichnet wird.

Zur Person
Professor Holger Thiele (52) ist seit September 2017 Direktor der Uniklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig. Dort hatte er bereits von 1997 bis 2013 gearbeitet, bevor er zunächst als Klinikdirektor nach Lübeck ging. Für den Zeitraum von 2023 bis 2025 wurde Thiele zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie gewählt. Die Vereinigung zählt 11.500 Mitglieder und ist eine der größten medizinischen Fachgesellschaften in Deutschland.

Welchen Einfluss hat die Pandemie auf Ihr tägliches Geschäft?
Das Herzzentrum Leipzig ist in dieser Welle bislang nicht so stark betroffen. Ich gehe aber davon aus, dass es auch bei uns bald zu Einschränkungen in der regulären Versorgung von Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen kommt, wenn die Zahl der behandlungsbedürftigen Covid-Patienten weiter ansteigt. Zudem gibt es auch bei uns personelle Einschränkungen - etwa weil Mitarbeiter selbst oder Familienangehörige wie zum Beispiel Kinder in Quarantäne sind. Dadurch können aktuell nicht alle Intensivbetten betrieben werden. Dieses Problem haben alle Kliniken - zusätzlich zum ohnehin bestehenden Pflegemangel. Um die Versorgung der Covid-Patienten sicherzustellen, bedarf es eines höheren Personaleinsatzes. Das heißt, Personal müsste aus anderen Bereichen, wie den herzchirurgischen und kardiologischen Intensivstationen, abgezogen werden. Wir können daher nicht ausschließen, dass elektive Eingriffe bald wieder verschoben werden müssen.

Eingriffe am Herzen sollten doch sicher nicht so lange aufgeschoben werden.
Das ist richtig. Es ist jetzt unsere Aufgabe, nach medizinischen Gesichtspunkten zu entscheiden, welche Verschiebungen möglich sind, ohne dass Patienten einen Schaden erleiden. Unser Ziel ist weiter, dass alle Notfälle versorgt werden können, wie zum Beispiel akute Herzinfarkte und lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen. Dringende Operationen müssen und werden wir weiterhin gewährleisten. Trotzdem hat es in der ersten, zweiten und dritten Welle recht sicher in ganz Deutschland einen kardiovaskulären Kollateralschaden gegeben: Daten zeigen in Regionen mit hoher Covid-Inzidenz eine Übersterblichkeit in Zusammenhang mit Herzerkrankungen. Wir wissen heute, dass während dieser Zeit weniger Patienten mit Herzinfarkten in die Kliniken gekommen sind. Diese Menschen erlitten ihren Infarkt Zuhause - manche bekamen Herzrhythmusstörungen und sind dort verstorben. Wir gehen auch davon aus, dass nach der vierten Welle mehr Patienten mit einer ausgeprägten Herzschwäche zu uns kommen.

Das Thema "Bluthochdruck", das im Mittelpunkt der aktuellen Herzwochen steht, könnte in der aktuellen Pandemie ebenfalls aus der Wahrnehmung verschwinden.
Das Thema ist sehr wichtig, weil 35 Millionen Menschen in Deutschland an Bluthochdruck leiden. Damit handelt es sich um eine Volkskrankheit.

Warum spricht man vom "Silent Killer"?
In der Regel verursacht Bluthochdruck keine Schmerzen. Daher messen Menschen ihrem Blutdruck nicht die nötige Bedeutung zu. Unbehandelt kann erhöhter Blutdruck aber zu Schlaganfällen, Herzinfarkten oder vorzeitiger Arterienverkalkung an allen Gefäßen führen. Deshalb ist eine frühzeitige und optimale Behandlung so wichtig.

Auch, wenn der Killer ein leiser ist: Gibt es Warnzeichen?
Einen leicht erhöhten Blutdruck merkt man noch nicht. Mögliche Anzeichen, wie Schwindel, Kopfschmerzen oder auch ein hochroter Kopf, weisen schon auf extremere Formen der Erkrankung hin. Ein Freund von mir, Mitte 50, der für einen Triathlon trainiert hat, war plötzlich nicht mehr leistungsfähig und klagte zudem über Luftnot. Bei ihm stellte man dann einen Blutdruck von 180/90 fest. Ab 140/90 spricht man von Bluthochdruck. Der ideale Wert liegt bei 120/80.

Wer nicht regelmäßig zum Arzt geht, muss sich ein Messgerät kaufen?
Das schadet nicht. Man sollte seinen Wert auf jeden Fall regelmäßig überprüfen. Wenn man zum Hausarzt geht, kann man seinen Blutdruck direkt dort überprüfen lassen.

Wer ist besonders gefährdet?
Vor allem ältere Menschen. Mehr als die Hälfte der über 70-Jährigen hat Bluthochdruck. Jüngere sind seltener betroffen - das hängt dann von den zusätzlichen Risikofaktoren ab.

Welche sind das?
Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, Diabetes, Rauchen und Bewegungsmangel sind gängige Risikofaktoren. Die Ernährung spielt auch eine große Rolle: So erhöhen Fleisch und fettreiches Essen sowie Alkohol das Risiko für einen zu hohen Blutdruck.

Was kann man tun?
Durch eine gesunde Lebensweise kann man den Blutdruck durchaus wieder reduzieren. Eine Gewichtsabnahme von jeweils zehn Kilo führt zu einer Reduktion um circa 10 mmHg. Wer fünfmal die Woche mindestens eine halbe Stunde Ausdauersport treibt, kann seinen Wert um 7 bis 8 mmHg senken, wer sich mit mediterraner Kost ernährt um 5 bis 6 mmHg, wer weniger Alkohol trinkt und weniger Salz verwendet um jeweils 3 bis 5 mmHg. Zusammen genommen kann das eine Menge ausmachen. Bei den meisten wird eine Senkung aber nur mit Medikamenten funktionieren. Die müssen gut eingestellt sein und regelmäßig genommen werden.

Von Björn Meine
(16:43 Uhr / 24.11.2021)

 
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